Vorrede
Frauen tragen ein besonderes Wissen über die Schöpfung, über die Verbindung von Materie und Geist in sich. Es ist begrifflich schwer zu fassen, kreist jedoch um die weibliche Fähigkeit, Leben in sich zu schaffen und dieses Mysterium als solches anzuerkennen. Daraus folgt ein grundlegender Respekt gegenüber der Heiligkeit des Lebens und ein bewusster Zugang zur eigenen Mächtigkeit und Magie. Dieses Wissen, das früher von Mutter zu Tochter in der Linie der Ahninnen weitergegeben wurde, ist im Laufe der langen Geschichte von Unterdrückung und Missbrauch von Frauen und der Gewaltanwendung ihnen gegenüber zunehmend unbewusst geworden, (1) da es oft gefährlich war, zu diesem Wissen Zugang zu haben. In der Zeit der Inquisition wurden viele Frauen für ihre Kenntnisse in der Heilkunst verfolgt bzw. es wurde nach einem Vorwand gesucht sie und ihre Weisheit zu vernichten und auszulöschen. Das hat Frauen mehr und mehr in die Rolle der Machtlosen, der Opfer gebracht und zu einer Entehrung und Entheiligung von Materie und Natur geführt. Um einen neuen Bewusstseinsschritt in der Evolution der Menschen möglich zu machen, der Weibliches und Männliches auf einer neuen Ebene zusammenbringt und die Einheit des Seins in den Mittelpunkt stellt und feiert, wird dieses Erfahrungswissen der Frauen gebraucht.
Eine Schwierigkeit bei der Annäherung an das weibliche Wissen, die nicht zu unterschätzen ist, liegt in dem zweifachen Tabu, mit dem das Wissen im Unbewussten belegt ist. Das erste Tabu untersagt, sich der eigenen Macht und Mächtigkeit zu stellen nach der langen Geschichte der Unterdrückung und Bestrafung von Frauenmacht. Oftmals ist es in meinen Gruppen schon ein Schritt, wenn nicht nur das englische Wort „Power“ oder das deutsche Wort „Kraft“ benutzt wird, sondern Macht als solche benannt wird. Die eigene Macht mit Worten zu benennen, ist jedoch noch etwas anderes, als sie im Tanz sichtbar werden zu lassen und dabei gesehen zu werden. Das bedeutet ein größeres Ausmaß an Verletzlichkeit zuzulassen.
Während diese Ebene dem Bewusstsein moderner Frauen noch vergleichsweise gut zugänglich ist, selbst wenn das noch nicht ihre Bewältigung bedeutet, ist dem zweiten Tabu schwieriger beizukommen. Es hat damit zu tun, dass das heilige Wissen der Frauen in der matriarchalen Ära nur an bestimmten Orten, in der Regel in bzw. unter der Erde, geteilt wurde. Die Mysterien waren geheim, das Wissen wurde nicht aufgezeichnet und war damit äußerlich nicht zugänglich. Zudem war es bei Todesstrafe verboten, es Nichteingeweihten mitzuteilen. Das heißt für heute, dass es seitens des Unbewussten eine starke Tendenz gibt, das Licht des Bewusstseins auszuschließen oder die einmal bewusst gewordenen Inhalte wieder ins Unbewusste zurückzuziehen. Aus eigener Erfahrung weiß ich, dass es ein teilweise unangenehmer und zäher Prozess sein kann, der im wahrsten Sinn des Wortes einigen Schweiß kostet. Es scheint mir wichtig, ein Augenmerk darauf zu legen, denn das zweite Tabu ist besonders geeignet, wieder vergessen zu werden, womit der Sog des Unbewussten gesiegt hätte.(2)
Mein Anliegen ist es, in der Arbeit mit Tanz Frauen zu unterstützen, mit diesem Wissen bewusst in Kontakt zu treten, es aus sich heraus zu gebären und der Welt zur Verfügung zu stellen. Wichtig erscheint es mir, anzuerkennen, dass dies nur in einem Geist der Entscheidungsfreiheit für jede einzelne Frau geschehen kann. Die lange Geschichte der Ausbeutung von Frauen und der damit verbundene Schmerz gibt ihnen das Recht, das Wissen bereit zu stellen oder auch nicht. Diese Freiheit ist ein nicht zu unterschätzender Faktor bei dem Unterfangen, den Bewusstwerdungsprozess einzuleiten, eine Öffnung herbeizuführen und das gefundene Wissen miteinander zu teilen. Die Frage ist jedoch, wie das passieren kann, welche Möglichkeiten es gibt, das geheime Wissen wieder lebendig zu machen und ans Licht des Bewusstseins zu bringen.
„Die wache Frau ist die Frau, die die Flöte gehört hat“ (Kabir)
Das Wissen der Frauen hat mit der geheimnisvollen Verbindung von Materie und Geist zu tun. Deshalb ist das körperliche Sein für Frauen von besonderer Bedeutung. In unseren Alltagstätigkeiten wird der Körper häufig nicht mehr bewusst wahrgenommen, weil die physische Betätigung nicht mehr im Vordergrund steht. So verlieren Frauen oft das Gefühl für sich selbst, wo und wie sie stehen, was sie wollen und was ihnen wirklich wichtig ist. Das zu spüren, ist jedoch Voraussetzung, um einen Weg in einem weiblichen Geist zu gehen. Nur mit der festen Absicht, gegründet in der körperlichen Anwesenheit, wird es möglich sein, das Wesentliche zu erkennen und die eigene Aufgabe – egal wie verschieden sie sich für jede darstellen wird – zu erfüllen.
Da es sich um ein altes Körperwissen handelt, das gleichzeitig alle Bewusstseinsebenen von der physischen über die emotionale, die mentale und die spirituelle umfasst, die sich gegenseitig durchdringen, ist es mir wichtig, einen Weg aufzuzeigen, der bei den körperlichen Empfindungen und Wahrnehmungen ansetzt und gleichzeitig Emotionen und Gefühle mit ein bezieht, ohne die mentale und geistige Seite zu vernachlässigen. Ein Grund dafür ist die Notwendigkeit der erneuten Ehrung und Wertschätzung des weiblichen Körpers. Die Hervorbringung des alten Wissens kann nach meiner Einschätzung nur von dort aus geschehen, wo die Abwertung des Wissens ihr größtes Ausmaß hatte und den größten Schmerz verursacht hat.
Frauen haben in ihrem Alltag häufig mit der Missachtung ihres Seins zu tun, ob als Mutter, als Arbeitende mit weniger Bezahlung und in zwischenmenschlichen Beziehungen. Das erzeugt eine bisweilen ungeheure Wut, die teilweise im Unbewussten gefangen ist, d.h. sie wird oftmals nicht bewusst wahrgenommen und häufig gegen die eigene Person gerichtet. Es ist auch die Wut darüber, was wir mit der Erde tun, wie wir mit ihr umgehen. Auch wenn es nicht immer bewusst in unseren Gedanken vorhanden ist, so ist es für Frauen doch über ihre Verbindung zu allen Ebenen des Seins spürbar, dass der Materie permanent ein großer Schmerz zugefügt wird und dass ihre Heiligkeit nicht anerkannt wird. Das führt zumindest unter der Oberfläche zu Schmerz, Trauer und allgemeiner Wut, die von dort lediglich eruptiv und bisweilen hinterrücks zum Ausdruck kommt. Das bedeutet letztlich keine wirkliche offene Entladung und kein Loslassen. Daher sind Formen, die die eigene Kraft, den eigenen Wert und die Erdung spüren lassen, angetan und geeignet, Vertrauen, Selbstbewusstsein und Mut zu entwickeln, wach zu werden für das Lebendige und das Wesentliche.
Ich glaube, dass sich Gruppen als äußere Form anbieten, um zunächst in einem geschützten Raum bestimmte Erfahrungen zuzulassen, mit der eigenen Mächtigkeit und dem Erfahrungswissen in Kontakt zu kommen, diese mit anderen zu teilen, um sie dann im Alltag zu verkörpern. Mir scheint es wichtig, dass Frauen gemeinsam das Wissen hervorbringen, weil das Weibliche mit der Verbundenheit allen Seins zu tun hat. Diese Ebene der Verbundenheit ist durch die lange Zeit der Unterdrückung von Frauen, auch untereinander, geschwächt.(3) Sie kann eine Stärkung erfahren, wenn Frauen in ihrer gemeinsamen Energie, doch jede für sich und ohne im Kollektiv zu verschwimmen, etwas Altes neu gebären. Die Horizontale ist dafür ein passendes Abbild. Frauen stehen nebeneinander, gleichwertig; es gibt keine Über- bzw. Unterordnung, jede wird respektiert im Geist der Freiheit, auch wenn ihre Rollen im Setting unterschiedlich aussehen mögen (etwa als Lernende und Lehrende/ Klientin und Therapeutin).
Die Kraft der Frauen
In meiner Tanzarbeit erfahre ich immer wieder einen besonderen Aspekt, der mit der Kraft der Frauen zu tun hat, mit ihrer Freude, wenn diese Kraft sich äußern und ausbreiten darf, ihrer Angst, zu kräftig, mächtig, lebendig, intensiv zu sein. Dahinter steht nach meiner Erfahrung mit anderen und mir selbst die Angst zu sehr zu sein. Um das nicht bewußt wahrzunehmen, legen wir andere Probleme darüber, beschäftigen wir uns lieber mit den anderen als mit uns selbst. Die Intensität unseres eigenen Seins als Frauen zu empfinden, hieße auch, sich dem Schmerz zu stellen, der entsteht, wenn wir sie nicht leben.(4) Es hieße, uns in jedem Moment wach an unsere Verbindung mit Allem zu erinnern.
Die Gründe, die uns davon abhalten, sind mannigfaltig. Mir geht es darum, Möglichkeiten aufzuzeigen, die es uns erlauben, mit und trotz unserer Ängste weiterzugehen, uns und das Leben zu entwickeln. Das bedeutet für mich als erstes, uns zu erlauben, uns so zu zeigen, wie wir im jeweiligen Augenblick gerade sind. Das klingt einfacher, als es ist, da wir es gewöhnt sind, uns in Schleier oder auch Masken zu hüllen. Es ist notwendig, sich mit den eigenen Gefühlen zu konfrontieren und diese auch nach außen zu vermitteln.
Ein wirkungsvolles und ungeliebtes Gefühl ist die Aggression. Aufgrund der kulturellen Zuschreibungen verweigern wir uns als Frauen diesem Gefühl besonders, wir verlagern es auf andere, beklagen uns, werden zum leibhaftigen Vorwurf, werden traurig, mißmutig und depressiv, bevor wir uns erlauben, es als Kraft zu nutzen und zu entwickeln. Tänze, die das gefühlsmäßige Potential der Aggression nutzen, können Zugang schaffen, die Bewusstheit für dieses Gefühl schärfen und die Kraft, die darin liegt, offenbaren.
Im Folgenden möchte ich anhand von drei konkreten Tanzübungen schildern, wie das Gefühl der Aggression bzw. der Ausdehnung mit dem Wahrnehmen der eigenen Kraft und Macht zusammenhängen kann. Ich werde sowohl die Tänze beschreiben als auch die von den Frauen selbst aufgezeichneten Erfahrungen, die sie dabei gemacht haben, da es mir wichtig erscheint, die theoretische Reflexion mit dem unmittelbar Erlebten zu verbinden.
• Maculele
Maculele ist ursprünglich ein Kampftanz aus Brasilien, der mit Schwertern oder Stöcken im Dunkeln getanzt wird.(5) Therapeutisch wird der feurig zentrierende Rhythmus der Musik dazu genutzt, die Koordinationsfähigkeit zu schulen und Aspekte eines geordneten Kampfes zu üben. Es gibt mehrere Möglichkeiten zu tanzen, wovon ich eine aufzeigen will. Jede Tänzerin hat 2 einen Meter lange runde Stöcke, die sie wie Schwerter anfaßt und zum Schlag benutzt. Die Musik ist im Viervierteltakt, wobei der Schlag jeweils auf die eins erfolgt; d.h. die Stöcke der zu Paaren Tanzenden treffen sich auf eins, beginnend mit dem rechten Arm, während auf 2,3,4 die eigenen Stöcke im Wechsel geschlagen werden. Dann erfolgt der nächste Schlag auf eins, mit dem linken Arm. So wechseln sich rechts und links ab, und die Rechts-Links-Koordination wird geübt. Dabei wird der Schlag von der Wirbelsäule her geführt und nicht nur aus dem Oberkörper, so dass der ganze Körper miteinbezogen ist. Gleichzeitig wird die Stimme eingesetzt, der Schlag auf den gegnerischen Stock wird mit „Ha“ begleitet.
Die Tanzenden schauen sich beim Schlag an und bemühen sich, ihr Gefühl auch im Gesicht auszudrücken, also entweder Freude am Kampf, Wut, die hochkommt, Ernsthaftigkeit im Kampf etc. Es wird also angestrebt, kein Allerweltslächeln zu zeigen, das einfach nur Verlegenheit ausdrückt oder eine Maske ist für die Angst, sich zu zeigen.
Maculele macht einen Zugang zur Lebenskraft möglich, der sich in einem positiven Gefühl spiegeln kann. Es können auch Gefühle der Angst, Aggression, Kontakt mit dem Schattenaspekt der eigenen Person auftreten, die es aufzufangen und aufzuarbeiten gilt.
Vieles wird bei diesem Tanz sichtbar: wie wir mit dem Erdboden verankert bzw. ob wir es nur in geringem Maße sind; ob wir unsere Kraft zurücknehmen, wenn das Gegenüber schwach ist; ob wir andauernd lächeln, auch wenn es der Situation nicht entspricht; ob wir bereit sind, uns auf unsere Kraft und die des Gegenübers einzulassen; ob wir zurückweichen, wenn jemand auf uns zu und uns sehr nahe kommt. Und vieles mehr.
Eine Beobachtung beim langjährigen Üben dieses Tanzes ist, dass manche Frauen in diesem Tanz die Abgrenzung leichter zeigen und ausdrücken können als im Alltag. Die Heftigkeit des Zuschlagens ist bisweilen ein Indikator für die Schwierigkeit, sich gerade das zu gestatten. Insofern ist es eine Übung im Sinne einer Ermächtigung. Maculele gestattet die Ausübung der eigenen Macht. Diese Erlaubnis ist wichtig, sie ermöglicht die eigene Kraft offen zu zeigen.
Auch nach langen Zeiten der Frauenbewegung und Emanzipation ist das in gewisser Weise immer noch tabuisiert, nicht unbedingt in den Köpfen, aber in den Körpern und Gefühlen der Frauen. Ungebremstes Zeigen der großen eigenen Kraft, Intensität und Wut, ohne sich hinterher sofort bei der Gegnerin zu entschuldigen, ist alltagsrevolutionär.
Die erste Zeit in meiner Biodanza-Gruppe war der Stocktanz für mich eine sehr bedrohliche und schwierige Übung. Einer mir fremden Person gegenüberzustehen, die ganze Zeit Blickkontakt zu halten, mit den Stöcken meine Kraft und momentane Befindlichkeit auszudrücken. Bei „starken“ Partnerinnen wich ich häufig zurück und machte mich eher klein, bei vermeintlich „schwachen“ Partnerinnen nahm ich meine eigene Kraft zurück. Ich wich den Blicken öfters aus, lächelte, obwohl mir überhaupt nicht danach zumute war. Hinterher war ich meist völlig durchgeschwitzt.
Nach 2 Jahren in der Biodanza-Gruppe ist der Stocktanz für mich ein ganz wichtiger Gradmesser geworden, um Zugang zu meinen momentanen Befindlichkeiten zu erhalten. Ich spüre nach relativ kurzer Zeit, wo ich gerade stehe. Deutlich merke ich an manchen Tagen meine Kraft und Macht, die so leicht in meinem Alltag verschwindet. Manchmal schlage ich mit den Stöcken extrem stark zu, ein Anzeichen dafür, dass sich einiges an Aggressionen, fehlender Abgrenzung etc. in meinem Alltag angesammelt hat. Zuweilen spüre ich Ängste und Verzagtheit, weiche zurück und fühle mich wackelig.
Der Tanz mit den Stöcken ist mein persönliches Barometer geworden, genauer hinzuschauen und mehr Zugang zu allen Facetten meiner Weiblichkeit zu bekommen. (Karin M.)
Diese persönliche Schilderung zeigt, wie wichtig der körperliche Ausdruck der Gefühle, die geregelt aggressive Abgrenzung und der darin gleichzeitig stattfindende Kontakt für die Verortung im Alltag sein kann. Die Gefühle zeigen sich oftmals erst, wenn eine Körperwahrnehmung möglich ist. In der Wechselwirkung zwischen körperlicher Empfindung und Gefühlsausdruck liegt der Schlüssel für das Zulassen von mehr Lebendigkeit.
• Schönheit und Majestät
Der zweite von mir ausgewählte Tanz, um das Thema der Mächtigkeit und Kraft von Frauen zu verdeutlichen, hat mit der Integration von männlicher und weiblicher Seite in uns zu tun. Gleichzeitig scheint darin die Essenz der immanenten und transzendenten Seite des Göttlichen auf.
Es ist schwierig, weiblich und männlich nach einer so langen patriarchalen Prägung zu beschreiben, ohne in Klischees zu verfallen. Die Aufspaltung in zwei Hälften läßt uns häufig vergessen, dass es sich um ein Ganzes handelt, dass die polare Verschiedenartigkeit im Vordergrund nur vor dem Hintergrund der Einheit Sinn macht. Trotzdem ist wichtig, die Anziehungskraft der Gegensätze nicht zu leugnen oder wegzudefinieren, da uns ihre Unterschiedlichkeit etwas über die Schöpfung lehren kann. Jede Beschreibung kann allerdings nur als eine Annäherung an die wirkliche Erscheinung gesehen werden.
Das Wesen des Weiblichen hat für mich mit dem Allumfassenden zu tun, alles wird eingeschlossen, geliebt. Es besteht eine Verbindung zu allem. Wenn ich es als Bewegung sehen würde, zeigte es sich in einer Gebärde, die sich öffnet, die Arme ausstreckt. Dies ist die Horizontale: Die Weite der unendlichen Formen der Schöpfung, die alle auf wunderbare und gleichzeitig unfaßbare Weise miteinander verbunden sind.
Die Wesensmerkmale des Männlichen haben für mich mehr mit einer Linie zu tun. Symbolisch steht häufig das Schwert für das Männliche, was die Macht der Zentrierung, die Potenz sich zu fokussieren, die Fähigkeit der Unterscheidung beschreibt. Die vertikale Körperachse, die Aufrichtung und Ausrichtung auf das Eine sind damit verbunden.
Für Frauen bedeutet der Einsatz des Schwertes, um einen eigenen Weg zu gehen, der nicht im Kollektiven stecken bleibt, auch immer Schmerz, da die Verbundenheit mit Allem verletzt wird. Vernetzung als ein essentielles Merkmal des Weiblichen wird dann für einen Moment aufgehoben. Es ist wichtig, diesen Schmerz zuzulassen und ihn wahrzunehmen, da er sonst Gefahr läuft, ins Unbewusste gedrängt zu werden, um nicht gespürt zu werden oder der Animus setzt sich durch und die Frau wird von ihm beherrscht, wobei sie ihre weibliche Verbundenheit einbüßt. Wenn der Schmerz ins Unbewusste gehen würde, könnte er sich beispielsweise indirekt als depressive Tendenz im Alltag äußern oder als Schmerz, der im Rücken sitzt. Bei einem vorherrschenden Animus könnte eine Frau u.U. sich sehr zielorientiert und rücksichtslos verhalten, würde aber ihr Mitgefühl verlieren und sich damit auch ein Stück selbst verletzen.
Die Sufis fassen die weibliche Seite Gottes in der Qualität der Schönheit, die männliche in der Majestät. In dem Bedürfnis, beide zu verbinden, entstand in mir eine tanzende Übung, die ich nach den beiden Eigenschaften benannt habe. Sie besteht aus folgenden Bewegungen und ist als eine Einheit zu tanzen, auch wenn sie aus zwei verschiedenen Teilen besteht.
Durch den Raum gehen, die Arme zusammen nach vorn bringen, dann wie einen Schleier oder Vorhang teilen, die beiden Arme dabei zu den beiden Seiten führen, beim nach vorn Führen einatmen, beim Ausbreiten ausatmen. Dann im Wechsel nach einer Öffnung den rechten, nach der nächsten den linken Arm hoch führen, mittig und ihn dann mit Schwung herunterziehen, so daß eine Teilung entsteht oder es so gefühlt wird, als käme eine starke Energie, die von oben nach oben gebracht wird, einatmen beim Hochführen des Arms und ausatmen beim Herunterziehen. Dabei wird kein mittiges, sondern ein linksseitiges Ausfließen der Bewegung angestrebt wie der arabische erste Buchstabe Alif.(6)
Die Bewegungen wurden mir mit der Zeit immer deutlicher, das heißt sie enthüllten mehr und mehr ihre Kraft und die dahinter stehende Essenz. Die erste Bewegung hat etwas mit dem Raum zu tun, den Raum öffnen, den Raum als eine heilige Qualität spüren, seine Weite und Größe; sie entfaltet sich allmählich. Die zweite entspricht mehr der Zeit, ist plötzlich; sie verbindet Himmel und Erde, hat etwas Schneidendes, Endgültiges: In diesem Moment, jetzt. Beide gehören zusammen. Wenn es mir gelingt, ganz in ihnen gegenwärtig zu sein, beginnt das Jetzt zu leuchten, wie es die Mystikerin Rabia ausdrückte.
So werde ich warten; und es macht mir nichts aus zu warten, bis deine Liebe für alles das Jetzt leuchtend macht. (7)
Eine Frau hatte vor etwa einem Jahr die Vision, dass sich alle Frauen der Welt wie auf einer Magnettafel befänden. Sie wurden von unsichtbaren Kräften in der Form des ALIF (der erste Buchstabe des arabischen Alphabets, der rechts mit einem kleinen Haken beginnt, dann wie ein leicht geschwungenes Schwert nach links hin ausläuft) angeordnet. Diese Vision zeigt für mein Gefühl die Verbundenheit aller Frauen auf eine unsichtbare Weise und die Notwendigkeit, Gefäß für die göttliche Kraft in dieser Form zu werden. Sie bringt durch die Frauen das Weibliche und die Art des Zeichens das Männliche zusammen.
Die Übung „Schönheit und Majestät“ löst in den Tanzenden viele verschiedene Gefühle aus und zeigt sich bei jedem Üben neu, da sie eine hohe Aufmerksamkeit und Wachsamkeit erfordert. Die Frauen schildern eine besondere Schwierigkeit, sich mit dieser Übung, den anderen zu zeigen, als gäbe es mehr noch als bei den aggressiv geprägten Tänzen ein Tabu, so gesehen zu werden. Beim Zuschauen stellt sich häufig ein Gefühl der Ehrfurcht und des Stolzes ein, die tanzenden Frauen in ihrer Königinnenqualität wahrzunehmen.
Die „Schönheit“ wird mit der Öffnungsbewegung als Verheißung erlebt, Spannung und Vorfreude werden wahrgenommen, was erscheinen könnte, wenn der Raum sich öffnet. Hier zeigt sich allerdings auch die Tendenz von vielen Frauen, sich bisweilen zu sehr zu öffnen – in diesem Fall bei der Öffnung der Arme über die körperliche Linie der Horizontalen mit den Armen in eine Art Überdehnung zu gehen – woraufhin häufig als Gegenreaktion eine übermäßige Abgrenzung erfolgt, um die gestörte Balance auszugleichen.
Bei der „Majestät“ zeigt sich manchmal Freude an der schneidenden, schnellen Bewegung der Abgrenzung; häufig treten hier auch Widerstände zu Tage. Die Frauen bleiben im Moment der Majestät unwillkürlich stehen, als wäre eine Stockung im Fluss vorhanden. Oder sie hacken die Bewegung förmlich von oben nach unten, um sie möglichst schnell hinter sich zu bringen und schauen gar nicht oder zu Boden und sind damit in dem Moment der Ausübung von Majestät nicht anwesend. Bisweilen wird die Bewegung ohne Schwung und Schnelligkeit vollzogen, was ihr gänzlich die Kraft nimmt.
Als Ganzes fördert sie jedoch die Aufrichtung und den positiven Stolz der Frauen, ein Stück eigene Mächtigkeit in Schönheit zu verkörpern. Sie macht Verletzlichkeit spürbar, indem wahrgenommen werden kann, was passiert, wenn nach der Öffnung des Raumes etwas Mächtiges eindringt. Es können alte Erfahrungen mit Gewalt etc. neu belebt und erfahrbar werden. Wichtig erscheint mir, dass all diese Gefühle leben dürfen und ein Austausch darüber stattfindet, um sie bewusster und damit auch ein Stück tragbarer zu machen.
Im Folgenden möchte ich nun einige Frauen selbst mit ihren Erfahrungen sprechen lassen, um das Spektrum des Erlebten noch einmal in ihren Worten zu verdeutlichen.
– Bei der „Schönheit“ hatte ich das Gefühl, einen klappbaren Altar zu öffnen, um dahinter in ein Heiligtum zu kommen oder es zu sehen. Gleichzeitig habe ich mich völlig geöffnet, so dass es wie eine tiefe Hingabe war. Und dazu kam dann der Schmerz. Und der hatte nichts mehr mit mir zu tun, sondern war so etwas wie Urschmerz. Es fühlte sich an wie offenes Fleisch. (Christa D.)
– An diesem Wochenende tanzte ich erstmalig die Bewegung „Schönheit und Majestät“. Anfänglich war mir die Bewegung sehr nichtssagend. Die Bewegung der Öffnung der Arme war mir einfach – ich öffne mich. Das Alif war mir eher fremd – so beschränkt / eingeschränkt . So ist es, ohne nach rechts und links zu blicken. Ein Strich von oben nach unten. Die beiden Bewegungen fügten sich für mich nicht zusammen, und ich machte die Bewegung eher leidenschaftslos.
Im Laufe des Wochenendes bekam die Bewegung aber doch eine andere Bedeutung für mich: ich öffne die Hände, als wenn ich einen Vorhang aufziehe, einen Schleier lüfte, der Wahrheit ins Auge blicke und dann eine Entscheidung treffe, indem ich die Bewegung des Alif mache.
Beim Tanz am Sonntagmorgen draußen ging ich barfuss. Ich ging sehr konzentriert und langsam, und wir machten wieder diese Bewegung. Es fiel mir schwer, überhaupt die Bewegung zu machen. Es dauerte lange, bis ich innerlich dazu bereit war. Dann aber fühlte ich mich wie eine Herrscherin auf einem großen Feld: ich stand alleine und etwas erhöht. Es war eine Entscheidung zu fällen von großer Tragweite und Traurigkeit. Ich sammelte mich, öffnete meine Arme – zog den Vorhang zur Seite, und es gab keine Lüge mehr; ich musste diese Entscheidung fällen – auch wenn das eine große traurige Angelegenheit war, wirkend auf viele Menschen (was es war, weiß ich nicht). Die Bewegung bezog sich auf nichts in der Gegenwart – es war eine nicht alltägliche Bewegung. Eine Entscheidung über Leben und Tod musste ich fällen, und sie zeigte sich in dieser Bewegung Schönheit und Majestät. (Angelika W.,6/03)
– Für mich persönlich war es wichtig, die Qualität des Alifs zu fühlen und ganz praktisch ins Leben umzusetzen. Dafür hatte ich in diesem Augenblick SEINE Unterstützung. Jetzt ist es so, dass ich oft mit den Energien anderer Leute so voll bin, dass ich mich verliere. In dem Moment bin ich IHM nicht mehr nützlich. Dann brauche ich IHN. Dann bitte ich wie so oft um Hilfe. Alle Kanäle, die ich sehr wohl habe, sind dann zugemüllt. Das Üben des Alifs ist für mich eine Übung des Trennens. Wenn ich mich weniger zumüllen lasse, dann bin freier für DAS. Also es ist persönlich, und es ist es auch nicht.
(Janet R.)
Ein besonders wichtiges Anliegen dieses Tanzes ist für mich, dass es sich um eine Einheit handelt – eine Spiegelung der EINHEIT in der Form –, die sich nicht in Einzelteile aufspalten lässt. Im Alltag und in unserer Kultur erfahren wir häufig, die Aufspaltung der Einheit und tun das Unsrige dazu, da es der Wahrnehmungsfähigkeit des Verstandes entspricht. Umso wichtiger erscheint mir, die Einheit in der Vielfalt körperlich auszudrücken und die Verbundenheit der polaren Aspekte zu feiern und zu bekräftigen.
• Der Tag des Tigers
Als drittes Beispiel habe ich die tänzerische Arbeit mit dem tierischen oder instinktiven Teil in uns ausgewählt. Die Ausrottung der Tierwelt auf unserem Planeten hat eine Parallele in der Zurückdrängung der inneren instinktiven Seite, die Frauen auf besondere Art trifft, weil sie mit dem Körper und seinen Instinkten auf andere Weise verbunden sind als Männer.(8) Für Frauen ist es von großer Wichtigkeit, diesen inneren Teil nicht zu unterdrücken, ihn zu ehren und ihm eine Möglichkeit zu geben, nach außen zu treten. Der Grund dafür liegt in der Notwendigkeit, unsere Körperlichkeit in ihrem Sosein in Würde zu achten und anzuerkennen, denn darin ist das Geheimnis des Lebens verborgen, die Fähigkeit des Weiblichen Leben hervorzubringen. In einer männlich geprägtem Umwelt fällt es uns schwer, eine positive Haltung zu unserem Körper herzustellen, da wir uns angewöhnt haben, ihn von Jugend an kritisch zu betrachten und seine Schönheit in frage zu stellen bzw. große Anstrengungen zu unternehmen, um ihn und uns zu manipulieren und dem äußerlich gewünschten Bild anzupassen.
Zugang zu dem inneren Tier in uns zu bekommen, ist daher eine Chance, mehr Mut, Selbstvertrauen und Stärke zu gewinnen.
Für mich hat die Wichtigkeit, mit unserer tierischen Seite verbunden zu sein, auch damit zu tun, dass Tiere selbstverständlich raum-greifend sind. Das Weibliche hat mit dem Raum zu tun und der Körper ist der Ort, wo wir den Raum als erstes einnehmen. Wenn ich mir dann in Bewegungen erlaube, mich auszudehnen, den Raum einzunehmen, führt das zu einer Zunahme an Selbstwertgefühl und Vertrauen. Es ist möglich, die eigene Kraft als solche zu spüren und sie zum Anlass zu nehmen, neue Schritte zu wagen.
Die konkreten Übungen sind unterschiedlich. Im Wesentlichen geht es darum, sich gegenseitig wegzudrücken und dabei die eigene Stimme einschließlich tierischer Laute wie Knurren, Fauchen und Brüllen einzusetzen. Die Ausgestaltung kann sein, dass zuerst Rücken an Rücken getanzt wird, dann auch frontal gegenüber mit Körperberührung. So wird es ermöglicht, die eigene Kraft deutlicher wahrzunehmen und zu spüren, spielerisch sich kämpfend auszuprobieren, den eigenen Raum auszudehnen bzw. zu verteidigen. Auf diese Weise kann es gelingen, wacher und entspannter – eben wie ein Tier – zu sein. Anspannung und zu viele Gedanken und Bedenken schwinden gegenüber einem Seinzustand, der uns offen sein lässt für unsere Gefühle und Empfindungen.
Hier wieder einige Schilderungen von Teilnehmerinnen in deren Worten. – Ich hatte Angst davor – Angst vor Intensität. Nähe und Distanz. Auf jeden Fall spürte ich nach diesen Übungen ein Gefühl, das mir eher fremd ist. Es war ein Gefühl von Klarheit und großer Ernsthaftigkeit. Sehr konzentriert. Ein Gefühl von positiver Abgrenzung. Ich fühlte mich als Einzelperson. Ein einzeln stehender Baum mit kräftigen Wurzeln. Am Rande spürte ich auch Trauer nicht „dazu zu gehören“ – aber das Gefühl war nicht so stark.
Ich habe meine Kraft gezeigt. Ich habe mich mit anderen gemessen, und ich habe weder verloren noch gewonnen – ich war gleich stark. Es war ein gutes Gefühl – ohne Schuldbewusstsein. Ich habe niemanden niedergemacht – bzw. mich hat niemand niedergemacht. Es war nicht das Mütterliche und nicht das Kindhafte – es war eine partnerschaftliche Ebene. Die Freude am Kräftemessen. Man kommt sich nah – es hat etwas Faires. Ich kenne das nicht. Meine persönliche Erfahrung mit Kraft ist: entweder ich bin unterlegen oder die andere Person ist unterlegen. Mit gutem Gefühl meine Grenze setzen, fällt mir schwer. In ganz großer Bedrängnis kann ich meine Wut kaum äußern, fühle mich ohnmächtig – oder ich gehe in die Depression. (Angelika W.)
– Übung: Rücken an Rücken. Beim ersten Versuch hatte ich Angst als Verlierer rauszugehen, hatte Angst, nicht an meine Kraft zu kommen. Überhaupt empfand ich sehr viel Ablehnung gegen diese Tigerübungen. Ich sammelte meine ganze Anspannung in den Füßen und im Rücken und konnte meine Partnerin gut wegdrücken. Der Erfolg hinterließ ein gutes Gefühl. Ich fing an, mich deutlicher zu spüren. Im 2. Versuch nahm ich den Hinweis auf, diese Übung mit der eigenen Stimme zu unterstützen. Dies gelang recht gut. Mit meiner jetzigen Partnerin ging es um Platzerhalt. Es war sehr anstrengend. Ich konnte sehr an meiner Kraft bleiben, spürte aber auch deutlich ihre Kraft. Beim Auseinandergehen blieb ein Gefühl gegenseitiger Anerkennung.
Übung: im Stand frontal Körper gegen Körper Ermutigt durch die vorige Übung, fing diese Übung an, ihren Reiz zu haben. Es war eine bestimmte Neugierde in mir, diese Stärke, die ich scheinbar auch besitze, näher kennen zu lernen. Auch hier nahm ich den Impuls auf, die Übung mit Schreien zu unterstützen. Ich war verblüfft, wie gut ich tief aus dem Bauchraum einen tiefen Schrei, eher ein Brüllen, herauslassen konnte. Nach einiger Zeit merkte ich, dass meine ganze Kraft mit dem Brüllen tief aufs meinem Bauch kam. Mir war fast so, als ob dort ein Lebewesen hauste. Das tiefe Brüllen war mir einerseits vertraut, als ob es schon immer zu mir gehörte. Andrerseits war es mir auch neu. Das tiefe Brüllen schien in einem tiefen Brunnen in mir zu sein, und je mehr ich rausließ, desto zentrierter und stärker wurde ich. Das Brüllen ging nicht nur aus dem Mund heraus, mein Eindruck war eher, das gleichzeitig jede Zelle sich davon füllte. Zusätzlich spürte ich eine Verbindung zu einem weiblichen Wesen, welches außerhalb von mir war, und doch auch gleichzeitig in mir drin. Es fühlt sich gut an. Ich erinnere mich, dass ich in völlig losgelassener Sexualität sehr ähnlich empfinde. (Ingeborg K.)
Das In-Kontakt-Sein mit dem Instinkthaften des Körper kann uns helfen, eine innere Autorität in uns selbst zu finden und ihr zu vertrauen. Das wirkt unserer Tendenz entgegen, uns an den vorgegebenen Werten der Gesellschaft zu orientieren und einzuordnen vor allem dem stetigen, suchtartigen und unsäglichen Handlungsdrang zu folgen. Anwesendsein im eigenen Körper macht es im Sinne einer ERMÄCHTIGUNG möglich, zu uns selbst zu stehen und unsere Erkenntnisse ins Sein zu setzen. Körperliches Kräftemessen unter Zulassung der hierbei entstehenden vielfältigen Gefühle und die damit einhergehende Erlaubnis, stark zu sein, macht uns Schritt für Schritt mutiger, das Eigene wirklich zu leben und gegebene alte Muster hinter uns zu lassen. Darüber hinaus findet durch das wache Im-Körper-Sein eine Erdung statt, die das In-Verbindung-Stehen mit der Erde bekräftigt.
• Schlussfolgerung
Die geschilderten Tänze bzw. Übungen haben deutlich gemacht, wie wichtig der Körper für Frauen ist, um die eigene Mächtigkeit wieder wahrzunehmen, sie sich bewusst anzueignen. So erlauben wir uns, wir selbst zu sein, ohne uns andauernd unseres Wertes vergewissern zu müssen, was wiederum die Möglichkeit öffnet, wach zu sein für das Wesentliche und an einem Ausgangspunkt zu stehen, der uns neue Bewusstseinsebenen zeigen kann. Das Neue, was auf der inneren Ebene an Wissen zur Verfügung steht, bedarf der Erdung und kann erst dann wieder an die Oberfläche treten, wenn wir in unserem Körper gegründet und anwesend sind.
Gleichzeitig könnte der Bewusstwerdungsprozess dazu beitragen, dem Bedürfnis nach einer Neudefinition von Macht (9) Raum zu geben. Bisher sehen wir Macht als etwas Äußeres, auf der materiellen Ebene Sichtbares, das zur Machtausübung ein Gegenüber braucht. Diese Auffassung ist an die Dualität gebunden, jemand Mächtigen und jemand Ohnmächtigen. Wenn wir Macht eher als etwas Sichausdehnendes betrachten könnten, was verborgen ist, könnte unter Umständen die weibliche Seite des Göttlichen und ihre Mächtigkeit wieder mehr in den Vordergrund kommen und den Aspekt der Einheit von Allem, das sich gegenseitig durchdringt, verkörpern. Der wache Körper könnte ein Anker- und Startpunkt für Suchbewegungen nach einem entsprechenden neuen Bewusstsein sein. Die Vergewisserung im eigenen Körper erlaubt uns eine Praxis, die uns inspirieren kann für Transformation und Verunsicherung. Letztere als etwas Positives zu würdigen, würde einen Meilenstein auf dem Weg zum Abenteuer des Neuen darstellen.
• Anmerkungen
(1) Vgl. Llewellyn Vaughan-Lee, Mit der Einheit arbeiten, 2002, Kapitel : Kinder des Orients
(2) Vgl. Llewellyn Vaughan-Lee, The paradoxes of Love, Inverness, CA, USA, 1996 S. 107
(3) Vgl. Hilary Hart, The unknown She – Eight faces of an emerging consciousness, Inverness, California 2003; essay über Sobonfu Some, S. 227ff.(239)
(4) Vgl. Oriah Mountain Dreamer, Die Einladung, München 2000, S.54ff.
(5) Cornelia Freise, Die Schwierigkeit, den Raum zu ergreifen – Chancen und Perspektiven einer tanztherapeutischen arbeit mit Müttern, Zeitschrift für Tanztherapie 4/5 , Köln1996, S. 8ff. (9f)
(6) Das Alif ist der erste Buchstabe des arabischen Alphabets, entspricht dem „a“ und dem Zahlenwert 1. Es wurde als göttlicher Buchstabe angesehen, der für die Sufis mit der EINHEIT zu tun hat. Vgl. Irina Tweedie, Der Weg durchs Feuer, Ansata-Verlag, Interlaken, Schweiz, 1988, Glossar, S. 1022 (7) Rabia (717-801) aus dem Buch: Love Poems from God, übersetzt ins Englische und gesammelt von Daniel Ladinsky, (übersetzt v. C.F.) (8) Vgl. Clarissa Pinkola Estés, Die Wolfsfrau, 3.Auflage,1996, München (9) Vgl. Hilary Hart, a.a.O. S. 236